Hinweis: Im Artikel wird z.T. von „Autismus“ gesprochen. Gemeint ist damit selbstverständlich die „Autismus-Spektrum-Störung“ als solche. Es wurde nur im Sinne der Lesbarkeit teilweise die Kurzform verwendet.
Unter Autismus verstehen wir eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die sich meist ab dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht. Unterschieden wird Autismus grob in zwei Gruppen, und zwar dem so genannten „Kanner Autismus“ und „Asperger Autismus“. Benannt sind beide Arten nach den Entdeckern Leo Kanner1) wie Hans Asperger2).
Frühkindlicher Autismus (beschrieben durch Leo Kanner)
Frühkindlicher Autismus ist umgangssprachlich auch als Kanner Autismus bekannt. Auffällig sind insbesondere vielschichtige Ausprägungen in den Bereichen
- der Entwicklung
- der Kommunikation
- der Wahrnehmung
- des Sozialverhaltens
Betroffene Kinder zeigen oftmals erste Auffälligkeiten schon während der ersten Lebensmonate. Jedoch gibt es auch Betroffene, die sich zunächst völlig normal zu entwickeln scheinen, dann aber teilweise im zweiten bis dritten Lebensjahr sich komplett verändern.
In den meisten Fällen verlieren Kinder mit frühkindlichem Autismus ihre in den ersten Lebensmonaten erworbenen kommunikativen wie sozialen Fähigkeiten. Sprache kann gänzlich verschwinden.
Merkmale von Frühkindlichen Autismus
Eines der Merkmale ist beispielsweise ihre Abkapselung von anderen Menschen. Die allgemein für dieses Alter typische Zuwendung zur Bezugsperson – meist die Mutter – ist gestört.
Zudem weisen Kinder mit frühkindlichem Autismus oftmals starke Sprachauffälligkeiten auf. Rund 30 Prozent des Personenkreises können nicht sprechen. Jene, die über Sprachvermögen verfügen, weisen Auffälligkeiten im Sprachverhalten auf. Dazu zählen unter anderem
- wortwörtliches Verstehen von Gesprochenem
- monotone Sprachmelodie
Sie können meist den Sinn von Gesprochenem nicht erfassen. Typisch für frühkindlichen Autismus sind ferner
- Echolalie
- Wortneubildungen
- Wortwiederholungen
Asperger Autismus nach Hans Asperger
Menschen mit dem Asperger-Syndrom sind erkennbar durch ihre Schwächen in der Kommunikation wie auch sozialen Interaktion. Asperger-Autisten fallen insbesondere durch ihre fehlende Fähigkeit, verbale Signale anderer Menschen zu erkennen, auf. Das Verhalten in Bezug der Kommunikation erscheint häufig eigenartig, der Versuch Kontakt aufzunehmen ein wenig ungeschickt.
Menschen mit Asperger Autismus sind meist normal bis sehr hoch intelligent. Aus diesem Grund werden sie von den Menschen ihrer Umwelt nicht als Autisten wahrgenommen, sondern als sonderbar empfunden. Zeitweise sind Betroffene auch hochbegabt. Asperger Autismus ist angeboren und bislang nicht heilbar. Das Syndrom lässt sich ab dem dritten Lebensjahr beobachten.
Merkmale von Asperger Autismus
Menschen mit Asperger Autismus sind kaum in der Lage, intuitiv nonverbale Signale anderer Menschen zu erkennen. Und dies, obwohl sie meist sehr intelligent sind. Sie haben erhebliche Schwierigkeiten, sich in andere Personen hineinzuversetzen und zeigen relativ wenig Interesse an diesen.
Stattdessen kristallisieren sich zusätzlich stärkere Spezialinteressen in Bereichen, wie beispielsweise
- Geographie
- Geschichte
- Mathematik
sowie weiteren wissenschaftlichen Themengebieten heraus.
Kennzeichnend für die Störung im Autismus-Spektrum sind
- Einschränkungen in der Interaktion
- Festhalten an Ritualen sowie Gewohnheiten
- Gesichtsblindheit
- Hypersensibilität
- intensive Spezialinteressen
- kaum Mimik und Gestik
- mangelndes Einfühlungsvermögen
- motorische Probleme
- nahezu kein Bewusstsein für Gefahren
- rasche Übermüdung durch Reizüberflutung
Abhängig von der Ausprägung der Symptomatik können Asperger Autisten ein nahezu normales Leben führen. Einige Betroffene benötigen jedoch lebenslang Unterstützung.
Merkmale einer Autismus-Spektrum-Störung
Autismus ist nahezu unsichtbar. Auf den ersten Blick sind Menschen mit Autismus unauffällig. Erst bei näherer Betrachtung respektive dem weiteren Umgang mit diesen Personen lassen sich Unterschiede zu Personen ohne Autimus-Spektrum-Störung.
Unabhängig von der Unterart des Autismus lassen sich Gemeinsamkeiten erkennen. Menschen mit Autismus kapseln sich meistens von der Umwelt ab. Es gibt aber auch Betroffene, die auf andere Menschen zugehen. Jedoch wirken sie dabei meist unbeholfen und treffen auf Ablehnung. In der Regel können autistische Personen kaum eine Beziehung zu anderen Menschen aufbauen.
Sehr auffällig ist zudem die Reaktion autistischer Menschen mit Panik- und Angstattacken, sowie sich etwas im allgemein streng geregelten Tagesablauf ändert. Und sei dieses auch nur geringfügiger Natur. Dies lässt sich auch bei Veränderungen von Gegenständen beobachten, wenn beispielsweise im Bad der Zahnputzbecher nicht mehr an der Stelle steht, wo er immer gestanden hat.
Menschen mit Autismus hilfreich zur Seite stehen
Menschen mit Störungen im so genannten Autismus-Spektrum erfahren Hilfe, indem die Sinneswahrnehmungen durch Malen oder Zeichnen geschult werden. Als Kommunikationshilfsmittel hat sich Schreiben bewährt.
Ängste lassen sich abbauen, indem Menschen mit Autismus lernen sich per Computer oder Laptop schriftlich auszudrücken. Um ihre Sprache zu trainieren können Tonbandaufnahmen mit darauffolgendem Abspielen hilfreich sein.
Vergleich Kanner Autismus gegen Asperger Autismus
Frühkindlicher Autismus | Asperger Autismus (AS) | |
Erste Auffälligkeiten | zwischen dem 10. bis 12. Lebensmonat | ab dem 3. Lebensjahr |
Blickkontakt | selten; wenn, dann flüchtig | selten; wenn, dann flüchtig |
Intelligenz | größtenteils in Verbindung mit geistiger Behinderung (LFA); zum Teil normal bis hochintelligent (HFA à AS) | normal bis hochintelligent; zum Teil hochbegabt |
Motorik | keine Auffälligkeiten | des Öfteren motorische Störungen, Störungen der Koordination, ungeschickt |
Sprache | in 50 % aller Fälle fehlt die Sprache; im Übrigen verzögert sich die Sprachentwicklung, zu Beginn tritt häufig Echolalie auf, Vertauschen von Fürwörtern | frühzeitige Entwicklung einer stilistisch hochstehenden Sprache; Sprachstil oft pedantisch; auftretende Probleme beim Verstehen von Ironie und Metaphern |
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1) Leo Kanner hat 1943 zuerst bei Kindern starke Defizite in den Bereichen der Kommunikation wie der sozialen Interaktion beschrieben. Diese wiesen zudem eingeschränkte Verhaltensweisen auf. Der aus Österreich stammende Kinderarzt schilderte in einem Artikel seine Beobachtungen darüber, dass die Kinder kein Bedürfnis am Kontakt zu anderen Personen hätten. Darüber hinaus äußerte er sich derart, sie seien unfähig Beziehungen aufzunehmen und weisen stereotype motorische Bewegungen auf. Auch zeigten die untersuchten Kinder starken Widerstand gegen Veränderungen und beharrten auf Gleichförmigkeit. In Sprache und Kommunikation fand er Echolalie und Wortumkehrungen. Später wurde der frühkindliche Autismus nach Leo Kanner benannt (Kanner Autismus).
2) Hans Asperger war der erste Beschreiber des nach ihm bezeichneten Syndroms. Der Wiener Arzt interessierte sich sehr für Heilpädagogik. Während des Zweiten Weltkrieges, im Jahr 1944, veröffentlichte Asperger einen Artikel mit einer detaillierten Beschreibung von vier Jungen. Darin nahm er eine Zusammenfassung von Symptomen unter der Bezeichnung autistische Psychopathie vor. Jene Symptome waren bislang noch nicht beschrieben. Weil die Bezeichnung Psychopath unpassend ist und auf Gefühlskälte hinweist, wurde die beobachtete Störung in Asperger-Syndrom umbenannt.
Quelle für 1) und 2)
https://www.uni-marburg.de/fb20/kjp/forschung/aut/ass/geschichte